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Ausbildung

Duales System: Solide Ausbildung in Betrieb und Schule

Wenn das Stichwort duale Ausbildung fällt, ernten die Verantwortlichen für die Berufsbildung in Deutschland viel Anerkennung und von ausländischen Gästen auch ein wenig neidische Blicke, besonders von der Arbeitgeberseite. Worum geht es? Die Berufsausbildung wird hierzulande verpflichtend auf zwei Träger verteilt: auf den Ausbildungsbetrieb und auf die Berufsschule oder eine Berufsakademie.

Betriebe vermitteln Praxis, die Schule steuert die Theorie bei

Die Aufgabenverteilung richtet sich nach dem Bundesbildungsgesetz und der Ausbildungsordnung des jeweiligen Berufes. Gemeinsames Ziel ist das Herstellen einer beruflichen Handlungsfähigkeit. Der Auszubildende erlernt im Ausbildungsbetrieb die nötigen Fertigkeiten, um nach dem Ende der Ausbildungszeit erfolgreich im erlernten Beruf arbeiten zu können. Er wird auch charakterlich gefördert, lernt also, im Arbeitsalltag unter oft deutlich älteren Kollegen und Vorgesetzten zu bestehen.

Während der Betrieb erste praktische Erfahrungen im gewählten Arbeitsgebiet ermöglicht, steuert die staatliche anerkannte Schule hauptsächlich die theoretischen Grundlagen des Ausbildungsberufs bei. Dabei geht es nicht nur um die jeweiligen Fachkenntnisse des Berufsbildes, sondern auch um eine Vertiefung der Allgemeinbildung und, soweit erforderlich, um das Nachholen von Bildungsabschlüssen, die ein junger Mensch bislang nicht erreicht hat. Dazu existieren Rahmenlehrpläne, die von der Kultusministerkonferenz der Bundesländer beschlossen werden. Deutsch, Politik und Sport stehen beispielsweise auf dem Stundenplan.

Prüfung vor der Handwerks- oder Industrie- und Handelskammer

Etwa zur Mitte der Ausbildungszeit gibt es eine Zwischenprüfung, die sowohl dem Auszubildenden als auch dem Ausbilder zeigt, ob Ausbildungsinhalte erfolgreich vermittelt wurden, oder ob noch Nachholbedarf besteht. Für die Zulassung zur Abschlussprüfung ist die Note der Zwischenprüfung gleichgültig, sie ist also reine Selbstkontrolle und ein Etappenziel, auf das sich hinzuarbeiten lohnt.

Die Abschlussprüfung wird meist nach zweieinhalb oder drei Jahren abgelegt. Sie ist, wie die gesamte Ausbildung, handlungsorientiert gestaltet. Natürlich ersetzt die Ausbildung keine langjährige Berufserfahrung und kein lebenslanges Lernen, aber die Prüflinge beweisen, dass sie in ihrem Beruf produktiv arbeiten können. Neben den theoretischen Teilen in der schriftlichen Prüfung gewinnen deshalb praktische Prüfungen immer mehr Bedeutung. Was bei den Handwerkern das Gesellenstück ist, kann beispielsweise bei einem Kaufmann für Versicherungen und Finanzen das Kundenberatungsgespräch sein, das in der Prüfung realistisch simuliert wird.

Im Prüfungsausschuss sitzen Praktiker aus den jeweiligen Berufen ebenso wie fachkundige Lehrer der Berufsschulen. So setzt sich das Prinzip der dualen Ausbildung bis in die Prüfung konsequent fort. Bei der Berufung der Ausschüsse wird streng auf eine paritätische Besetzung der Ausschüsse durch Vertreter von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite geachtet, ein Verfahren, das übrigens auch beim Erstellen der zentralen schriftlichen Prüfungsaufgaben Anwendung findet und eine faire Prüfung garantiert.

Erfolgreich und kostengünstig

Die duale Ausbildung gilt über die Grenzen hinweg als Erfolgsmodell. Sie garantiert, dass die richtigen praktischen und theoretischen Schwerpunkte jeweils in bestmöglicher Form vermittelt werden. Ein intensiver Kontakt zwischen Ausbildungsbetrieb und Schule bzw. Berufsakademie ist Grundvoraussetzung, um eine Ausbildung dual durchführen zu können. Ausbildungsordnung und Rahmenlehrplan sind eng aufeinander abzustimmen. Aus Elternsprechtagen werden Ausbildersprechtage, in denen konkreter Förderbedarf für einzelne Auszubildende besprochen wird. Nicht zuletzt lebt die duale Ausbildung aber auch von einer Vielzahl ehrenamtlich tätiger Praktiker in den Gremien, die Ausbildungsordnungen erarbeiten, Prüfungen erstellen, qualitätssichern und letztendlich als Prüfer auch durchführen.

Die Wirtschaft begrüßt das duale Modell nicht nur wegen der guten Vorbereitung junger Menschen auf einen Beruf. Die Verlagerung eines Teils der Ausbildung auf die Berufsschule stellt eine nicht zu unterschätzende Kostenentlastung für die Ausbildungsbetriebe dar. Zwar müssen sie ihre Auszubildenden für den Besuch der Schule freistellen und für diese Zeit die Ausbildungsvergütung weiter zahlen, dafür brauchen sie aber keine eigenen Kapazitäten für die Vermittlung theoretischen Wissens vorzuhalten.

Bildung ist Zukunft. Die Ausbildung wird von der deutschen Ausbildungspolitik als Gemeinschaftsaufgabe angesehen und entsprechend gefördert. Jugendarbeitslosigkeit ist in Deutschland fast ein Fremdwort, die Quote mit 7 % auf dem niedrigsten Stand in der EU, wo der Durchschnitt bei beängstigenden 20 % liegt. Für die Auszubildenden, die Wirtschaft und die Gesellschaft ist die duale Ausbildung eine klassische Win-Win-Situation, eine fortschrittliche Regelung zum Nutzen aller.

Julia Kuhn

Statt mich zu fragen: „Was will ich machen?“ habe ich überlegt „Was will ich auf keinen Fall machen?“ Ich wollte einfach einen Beruf, in dem ich mich freue, zur Arbeit zu gehen. Dieses Ziel habe ich erreicht. Um anderen bei der Entscheidung für einen Beruf zu helfen, habe ich biknetz.de gegründet.